Radio Rim Receiver

Historie

Der UKW Stereo-Empfang begann bereits mit den ersten Röhrengeräten Ende der 50-er Jahre. In den 60-ern wurde die Technik weiterverbreitet und kam in vielen Rundfunkgeräten und auch kombinierten Musikschränken zum Einsatz. Mit der fortschreitenden Transistorisierung der Geräte wurden dann auch kompaktere Bauformen möglich und es vollzog sich ein deutlicher Wandel in der Optik der Geräte. In den 70-er Jahren wurden die Radiogeräte zunächst meist komplett als Receiver und später dann als Einzelkomponenten in der beliebten 19“ Bauform angeboten.

Im Gegensatz zu heutiger Unterhaltungselektronik waren diese Geräte damals nicht gerade preiswert. Als leidenschaftlicher Hobby-Elektroniker bot sich daher als Alternative der Eigenbau an. Die Firma Radio RIM in München (später von Conrad Electronic übernommen) war zu dieser Zeit marktführender Anbieter von Komponenten und Bauteilen für den Radiobereich und ELA-Anlagen (Elektro-Akustik-Anlagen). Es lag also nahe, auf Basis dieser Bauteile den Eigenbau eines hochwertigen Receivers für UKW Stereo-Empfang in Angriff zu nehmen.

Aufbau des Receivers

Der Receiver wurde zeitgemäß in einem fachen Gehäuse mit den Abmessungen B x H x T von 520 x 125 x 320 mm aufgebaut. Der Korpus wurde aus Holz gefertigt, für das professionelle Aussehen wurde für den Front- und Deckelbereich eine gewinkelte Alu-Platte maßgeschneidert. Für die Aufnahme der einzelnen Bauteile wurde aus Alu-Profilen und Alublechen ein Chassis gefertigt, welches komplett von hinten in das Gehäuse eingeschoben wurde. Der Receiver entsprach damit vom Aufbau her den angebotenen Fertiggeräten. Als Besonderheit gegenüber diesen Fertiggeräten wurden die Toneingänge mit Schiebereglern als Mischpult ausgeführt.

HF-Stufe

Beim HF-Teil wurde auf fertige Bauteile von Radio RIM zurückgegriffen. Diese wurden wie unten detailliert beschrieben zusammengestellt und auf dem Alu-Chassis verbaut.

Reveiver HF-Baugruppen

UKW-Tuner

Es wurde ein 4-stufiger transistorisierter Kapazitäts-Variations-Tuner mit Doppel-Kapazitätsdioden-Abstimmung Typ 312-0522 der Firma Görler verbaut, Tuner mit AFC, NTC und automatischer Schwundregelung.

Reveiver HF-Tuner

Dieser Tuner ist eine Weiterentwicklung der Görler Diodentuner mit normalen bipolaren Transistoren. Die Abstimmung erfolgt anstatt mit nur einer Variationsdiode mit einer Doppel-Variationsdiode. Daher ist dieser Typ besonders für Geräte mit hohem Qualitätsniveau – z. B. HiFi-Multiplex-Empfänger geeignet.

Der Tuner hat eine FET-HF-Stufe, FET-Mischstufe und einen separaten Oszillator. Er ist 4-stufig ausgeführt und weist einen abgestimmten Antenneneingang, doppelabgestimmte ZF-Stufe und Oszillatorstufe auf. Die Frequenzabstimmung wird von ausgewählten Doppel-Variationsdioden übernommen.

Um Probleme durch das Verhältnis – steigende Temperatur – Oszillator – Frequenzdrift – Diodenspannung – zu umgehen sollte die Abstimmungsspannung gut stabilisiert und gesiebt sein, eine Doppelstabilisierung hat sich hier bewährt. Die Tunerstabilität wird bei steigender Temperatur durch einen NTC-Widerstand von 470 Ω kompensiert.

Der AFC-Kreis besteht aus einem FET-Transistor mit Anschluss an die Abstimmungsspannung, dadurch wird ein konstanter AFC-Bereich von 87,5 -108,5 MHz gewährleistet. Die AFC ist auf allen Stufen des HF-Eingang-Teilers wirksam.

Reveiver HF-Tunerschaltung

FM-ZF-Verstärker

Der4-stufige Görler 322-0050 ZF-Verstärker für FM (10,7 MHz) verwendet integrierte Schaltkreise μA 703 C mit hervorragenden Eigenschaften: hohe Stufenverstärkung, idealer Begrenzereinsatz, vernachlässigbar kleine Rückwirkung und gute Temperaturstabilität. Durch die Verwendung unkritisch gekoppelter Bandfilter wird gute Selektivität und geringe Gruppenlaufzeit erreicht. Die Bandbreite des Verstärkers beträgt nach Begrenzungseinsatz 200 kHz, der Ratiodetektor hat dann einen Spitzenabstand von 600 kHz und ermöglicht gutes Übersprechverhalten sowie einen sehr kleinen Gesamtklirrfaktor. Der ZF-Verstärker liefert eine AFC-Spannung von max. +/- 0,5 V, deren Symmetrie mit einem Regler einstellbar ist.

Reveiver ZF-Verstärker

Rauschsperre

Die Görler Rauschsperre Typ 326-0010 ermöglicht in Verbindung mit dem ZF-Verstärker eine Stummabstimmung (muting) sowie den Anschluss eines Feldstärke-Instruments. Die aus dem ZF-Verstärker ausgekoppelte ZF-Spannung wird verstärkt und nach einem Schwingkreis mit einer Bandbreite von 129 kHz gleichgerichtet. Über einen Transistor wird das Feldstärke-Instrument angesteuert. Gleichzeitig wird ein zweiter Transistor durchgeschaltet, der die Versorgungsspannung an die letzte ZF-Stufe legt. Alternativ kann auch die erste Stufe im Decoder oder beides Gleichgeschaltet werden. Der Einsatzpunkt der Rauschsperre ist einstellbar.

Reveiver Rauschsperre

Stereodecoder

Als letztes Glied in der HF-Kette kommt der Stereodecoder 327-0040 zum Einsatz. Der ZF-Verstärker liefert das Summensignal von linkem und rechtem Kanal, den 19 kHz-Pilotton sowie die Seitenbänder mit dem unterdrückten Hilfsträger von 38 kHz modulierten Differenzsignals (L – R). Im Stereodecoder wird nun die Hilfsträgerfrequenz aus dem Pilotton zurückgewonnen und das # Differenzsignal durch Demodulation der Seitenbänder gewonnen. Aus der Bildung der Summe bzw. der Differenz der beiden Signale werden nun die Signale für die Kanäle R und L erzeugt. Gleichzeitig wird die Anzeige für den Stereoempfang aktiviert.

Reveiver Stereodecoder

NF-Stufe

Bei der NF-Stufe wurde ebenfalls in Form von Schaltungsvorlagen auf das Knowhow von Radio RIM zurückgegriffen. Für die einzelnen Komponenten wurden jedoch eigene gedruckte Schaltungen entworfen und diese als einzelne Steckkarten auf dem Alu-Chassis verbaut. Diese Steckkartentechnik war nicht nur bei elektronischen Geräten in dieser Zeit weit verbreitet, sie bot auch für mich als Hobby-Elektroniker den Vorteil, die Platinen in einer überschaubaren Größe herzustellen. Eine große Platine zur Aufnahme aller NF-Bauteile hätte meine technischen Möglichkeiten in dieser Zeit nicht zugelassen, zudem waren Einstellungs- und Abgleicharbeiten bei den herausnehmbaren Platinen einfacher. Der mechanische Aufbau wird bei den späteren Bildern deutlich, die elektrische Zusammenschaltung der Baugruppen wird im Folgenden beschrieben.

NF-Mischstufe

Die NF-Mischstufe besteht aus einem Vorverstärker mit den Transistoren T1 und T2 für den Mikrofon- bzw. TA-Magnet-Eingang sowie den Schiebereglern für die Tonband- TA-Kristall- und Tuner-Eingänge. Zwischen Mikrofon-Eingang und TA-Magnet-Eingang kann über einen Schalter gewechselt werden.

Reveiver Mischstufe

Nach der Mischstufe wurde für jeden Kanal ein Aussteuerungsmesser vorgesehen:

Reveiver Austeuerungsmesser

NF-Klangregelstufe

Nach der Mischstufe folgt die Zwischenverstärker- und Klangregelstufe mit der Transistorbestückung T3, T4, T5 und T6. Hier wird das Signal aus der Mischstufe eingespeist. Bei Stellung „Mono“ werden beide Kanäle ab dieser Stufe parallelgeschaltet.

Über C9 gelangt das Tonfrequenzsignal auf die Basis des ersten Transistors der Zwischenverstärkerstufe, welcher schaltungstechnisch als Impedanzwandler fungiert und mir einem weiteren Transistor T4 kapazitiv gekoppelt ist. Bei dieser Eingangsschaltung beträgt die Eingangsimpedanz ca. 0,2 MΩ, sodass der vorgeschaltete Vorverstärker oder hochohmige Tonträgerquellen dadurch kaum belastet werden. Das durch T4 verstärkte Signal gelangt dann über C11 auf den Lautstärkesteller (P1/101), der als Tandemregler ausgelegt ist. Hier befindet sich auch der Teiler für den ZB-Ausgang.

Zwischen den Transistoren T5 und T6 befindet sich das Klangregelnetzwerk, welches aus zwei regelbaren, frequenzabhängigen Spannungsteilern besteht. Das Klangregelnetzwerk ist so ausgelegt, dass sowohl die hohen als auch die tiefen Frequenzen voneinander getrennt arbeitenden Reglern im Rahmen der in den technischen Daten des Stereoverstärkers angegebenen Bereichen regelbar sind.

Reveiver Klangregelstufe

Eisenlose Endstufe

Der Treibertransistor T7 steuert kollektormäßig die beiden Komplementärtransistoren T8 und T10 gleichphasig an. Der PNP-Siliziumtransistor T8 verstärkt jedoch nur die negative Halbwelle des Eingangssignals und der NPN-Transistor nur die positive, d.h. wenn der Transistor T8 leitet, ist T10 gesperrt und umgekehrt. Der jeweils im leitenden Zustand befindliche Transistor steuert seinerseits den mit ihm galvanisch verbundenen Silizium-Endstufentransistor 2N3055 an. Diese Silizium-Transistor-Typen werden u.a. in der kommerziellen Technik eingesetzt und zeichnen sich durch ihre hohe Leistungsfähigkeit und Betriebssicherheit aus.

Mit Hilfe des Einstellreglers R42 erfolgt die Ruhestromeinstellung auf ca. 30 mA. Das geschieht dadurch, dass dem Transistor T9 eine mehr oder weniger positive Spannung als Basisspannung gegeben wird. Ist diese Spannung positiv, so ist die zwischen den Basen von T8 und T10 vorhandene Differenzspannung kleiner und dementsprechend ist der Ruhestrom kleiner. Diese Ruhestromeinstellung mit Hilfe eines zusätzlichen Transistors T9 ermöglicht eine sehr genaue und leichte Einstellung und verleiht der Endstufe eine thermisch günstige Stabilität. Hierzu dient auch die Schutzdiode D1 zur Vermeidung eines unzulässigen Ansteigens des Kollektorruhestroms der Endstufe.

Wechselstrommäßig werden T8 und T10 amplitudengleich angesteuert. Hierfür ist der Kondensator 100 μF/6,3V vorhanden. Die Symmetrieeinstellung der Treiber-Endstufe wird mit Hilfe von R37 durchgeführt. Der Endstufenabgleich erfolgt ohne Anschluss einer Tonquelle bei zugedrehtem Lautstärkeregler und ohne Anschluss eines Lautsprechers. Hierzu wird ein Vielfachmessinstrument benötigt, welches man zunächst für die Spannungsmessung an den Messpunkten + und – (Chassis) anlegt. Hier sollte die vorhandene Spannung im Regelfall 62 V +/- 5 % betragen. Anschließend wir die Spannung zwischen den Messpunkten Y (+) und Chassis (-) gemessen. Der Regler R37 wird so eingestellt, dass die gemessene Spannung etwas weniger als ½ U anzeigt, d.h. ca. 29 V bei U = 62 V. Das Klirrfaktorminimum der Endstufe liegt bei einer Spannung zwischen 27 und 30 V an Punkt Y gegenüber Masse. Die Einstellung des Ruhestroms erfolgt über R42, bis das anstelle der Kanalsicherung zwischengeschaltete Amperemeter ca. 30 mA anzeigt.

Reveiver Eisenlose Endstufe

Musikleistung: 30 + 30 W
Sinusleistung: 25 + 25 W
Klirrgrad: bei 1000 Hz Sinusleistung ≤ 1 %
Frequenzbereich: 30 … 20.000 Hz +/- 1 dB
Eingangsempfindlichkeit: 200 mV / ≥ 200 kΩ
Tonbandaufnahmeausgang: 250 mV / 47 kΩ
Klangregelung: Höhen: + 15 … - 20 dB bei 10 Hz
Bässe: + 15 … - 20 dB bei 30 Hz
Balanceregler: > 8 dB
Fremdspannungsabstand: Niederpegel 55 dB, Hochpegel 60 dB
Lautsprecherausgang: 4 – 16 Ω (Nennleistung bei 4 Ω )
Kopfhörerausgang: 4 … 2000 Ω

Netzteil

Das Netzteil für den gesamten Receiver wurde wie folgt aufgebaut:

Reveiver Netzteil

Bilder

Reveiver Gesamtansicht

Gesamtansicht des Receivers

Reveiver Chassis Frontansicht

Gesamtansicht des Receivers bei abgenommenem Gehäuse

Reveiver_Chassis Ansicht von oben

Draufsicht des Receivers bei abgenommenem Gehäuse

Reveiver Chassis Rückansicht

Rückansicht des Receivers