Scheibenwischer bei 105-er Alfas optimieren

Ausgangssituation

Bei den Alfa Romeo Oldtimern der Baureihe 105 (Giulia, Bertone, Spider und Berlina) aus den 60-er und 70-er Jahren ist verständlicherweise der heutige Komfort bei der Ansteuerung der Scheibenwischer noch nicht gegeben. Es sind nur zwei Wischstufen vorgesehen, besonders vermisst man aber bei längeren Fahrten eine Intervallschaltung. Dies ist umso störender, da die kleinen Kippschalter für den Wischer im Armaturenbrett oder in der Mittelkonsole verbaut und somit schlecht erreichbar sind, bei Nieselregen aber laufend von Hand betätigt werden müssen. Nachdem mich dieser Umstand schon lange gestört hat, möchte ich nun meinen Vorschlag für einen Umbau vorstellen. Hierbei waren folgende Kriterien zu bedenken:

  • Der Wischerschalter musste mindestens eine zusätzliche Stufe für das Intervall erhalten
  • Die Positionierung des Schalters sollte verbessert werden, vorzugsweise an der Lenksäule
  • Die Schaltungstechnik mit Intervall musste in die bestehende Elektrik integriert werden
  • Die Umbaumaßnahmen durften auf keinen Fall den Charakter des Oldtimers stören und mussten so unauffällig wie möglich erfolgen

Basis für einen Umbau

Die Elektrik des Scheibenwischers

Bei dem in den 105-er Alfas verbauten Scheibenwischermotoren handelt es sich um fremderregte Nebenschlussmotoren mit zwei parallelen Erregerwicklungen. Der Motor läuft in der langsamen Stufe, wenn die volle Erregung durch beide Wicklungen gegeben ist (Feldschwächung). In der schnellen Stufe ist nur eine Wicklung eingeschaltet. Dieser Umstand spiegelt sich in der in Bild 1 gezeigten Grundschaltung für die Elektrik des Scheibenwischers wieder. Die blaue Leitung zeigt den Stromfluss in Stufe 1, die weiß-schwarze Leitung in der schnelleren Stufe 2. Diese Schaltung zeigt einen grundsätzlichen Gegensatz zu späteren Bauweisen, diese schalten in Stufe 1 eine Wicklung und für den Schnelllauf in Stufe 2 wird eine zweite Wicklung zugeschaltet! Neben dem Kippschalter ist ein Fußschalter mit Tastkontakt und einer mechanischen Pumpe für das Waschwasser werksseitig verbaut.

Prinzipielle Schaltung für den Scheibenwischer bei den 105-er Alfas
Bild 1 Prinzipielle Schaltung für den Scheibenwischer bei den 105-er Alfas

Bei der Restaurierung meiner Berlina habe ich einen ersten Schritt zur Optimierung der Anlage unternommen und den Waschbetrieb um eine elektrische Pumpe ergänzt. Diese wurde wie im Bild 2 gezeigt über ein Relais mit zwei Schaltkontakten hinter dem werkseitigen Fußschalter angeschlossen. Das Relais war in einem kleinen Gehäuse verbaut, welches als Zwischenstecker in die Kabelführung vom Fußschalter zum Wischer eingefügt wurde. Die elektrische Wischerbetätigung erfolgt wie bisher über den Fußschalter, gleichzeitig wird aber auch die Pumpe für das Scheibenwaschwasser über das Relais angesteuert. Es ist also nur ein konstanter Druck auf den Fußschalter erforderlich und das lästige Pumpen entfällt.

Scheibenwischer-Grundschaltung ergänzt um eine elektrische Pumpe für das
  Wischwasser
Bild 2 Scheibenwischer-Grundschaltung ergänzt um eine elektrische Pumpe für das Wischwasser

Der Schalter

Die Wahl eines geeigneten Schalters für mehrere Wischstufen mit Intervallbetrieb sollte sich als größtes Problem herausstellen. Für den werksseitig verbauten Kippschalter mit 3 Stellungen (0 – 1 – 2) ließ sich beim Autozubehör wie auch beim Electronic-Handel kein Ersatz mit einer zusätzlichen Schaltposition finden. Mehrstufige Schalter werden meist nur als Drehschalter angeboten, diese passen aber weder von den Abmessungen noch von der Optik in den vorgegebenen Einbauort. Somit wurde dem Wunsch Nachdruck verliehen, einen neuen Schalter an der Lenksäule anzubringen. Der alte Schalter konnte dann an seinem angestammten Ort verbleiben und gegebenenfalls parallel genutzt werden, ohne das Gesamtbild der Armaturen zu stören.

Die Suche nach einem Lenkstockschalter wird durch das Internet sehr leicht gemacht. Hier wird eine Vielzahl von neuen und gebrauchten Schaltern angeboten. Die Auswahl lässt sich jedoch schnell eingrenzen, moderne Schalter mit einer Vielzahl von Funktionen kommen auch aus optischen Gründen für unseren Fall nicht in Frage. Alle Schalterkombinationen (Licht, Blinker, Wischer usw.), die um die Lenksäule montiert werden müssen sind fahrzeugspezifisch und können ebenso ausgeschlossen werden. Übrig bleiben einige wenige preisgünstige Exemplare, mit Porto unter 10 €! Bei diesen Preisen kann man das Experiment wagen, einfach solch ein Exemplar zu bestellen. Meine Wahl fiel auf einen Schalter aus einem BMW E36, dieser hat eine Tastfunktion nach unten und 3 Schalterfunktionen nach oben, also nicht Zuviel aber auch nicht Zuwenig für mein Vorhaben.

Umbaumaßnahmen

Elektrische Ausführung

Nachdem der gelieferte BMW-Schalter in allen Positionen durchgemessen wurde, waren die möglichen Anschlussoptionen ersichtlich. Hier zeigte sich das oben schon angesprochene Problem, es gab einen Schaltausgang für Stufe 1 und zwei Schaltausgänge für Stufe 2. Diese mussten also umgekehrt werden. Mit einem 3 mm Ø Bohrer wurden die beiden Hohlnieten entfernt und somit die Kontakte zugänglich (siehe Bild 3):

Geöffneter Schalter mit Modifikation der Schaltkontakte
Bild 3 Geöffneter Schalter mit Modifikation der Schaltkontakte

Der grün markierte Kontaktbereich war für die zwei Wicklungen in der 2. Stufe verantwortlich und musste durch Abschleifen entfernt werden. Anschließend war für jede Stufe jeweils nur ein Schaltausgang vorhanden. Nach Reinigung des Schalters, Entfernen von verharzten Fettrückständen und Zugabe von neuem Kontaktfett konnte der Schalter mit 3 mm Gewindeschrauben wieder verschlossen werden.

Bei der Realisierung der Intervallschaltung war klar, dass aufgrund der oben beschriebenen Motorsteuerung der Einsatz von Intervallrelais anderer Hersteller (z.B. VW Nr. 99) nicht möglich war. Nicht nur die unterschiedliche Beschaltung der beiden Wicklungsstufen stand hier im Widerspruch, auch der erforderliche Massekontakt für die 0-Stellung des Wischers ist bei unserm Motor nicht vorhanden!

Für die Intervallsteuerung wurde daher auf eine klassische Schaltung mit dem Timer- Baustein NE 555 als astabiler Multivibrator (Taktgeber)zurückgegriffen (Bild 4).

astabiler Multivibrator
Bild 4 Astabiler Multivibrator als Taktgeber

Im Bild ist die prinzipielle Beschaltung zu sehen. Zunächst ist der Elko entladen. Dadurch liegt auch an seinem Pluspol GND (Masse). Das IC wird über Trigger (2) gestartet. Die interne Verbindung zwischen Discharge (7) und GND wird unterbrochen. Dadurch kann sich der Elko über R1 und R2 aufladen. Sobald 2/3 der Versorgungsspannung erreicht sind, wird das IC zurückgesetzt. Discharge (7) wird wieder mit GND verbunden, sodass sich der Elko über R2 entladen kann, bis sein Niveau nur noch 1/3 von der Spannung beträgt. Dadurch wird der Zyklus erneut gestartet.

Für unseren Anwendungsfall müssen nun die Widerstände R1 und R2 entsprechend dimensioniert werden. Der Start eines Wischvorganges sollte über einen kurzen, konstanten Impuls von 1 bis 2 Sekunden eingeleitet werden, die Wischpause sollte über einen weiten Bereich einstellbar sein. Wie die formelmäßigen Zusammenhänge zeigen, ist dieses gewünschte Verhalten nicht einfach realisierbar:

Einschaltzeit [sec] = 0,694 × (R1 [Ω] + R2 [Ω]) × C [F]

Ausschaltzeit [sec] = 0,694 × R2 [Ω] × C [F]

Die Einschaltzeit ist abhängig von R1 und R2 während die Ausschaltzeit über R2 auf einen konstanten Wert eingestellt werden kann. Hier wird aber genau das umgekehrte Verhalten, also kurze Signale und relativ lange Pausen, gefordert. Die ergeben sich, wenn die Ausgangszustände an Pin 3 invertiert werden (an = aus und aus = an). Durch den Einsatz eines PNP-Transistors (z.B. BC 327) für die Ausgangslast kann dies erreicht werden.

Bei dieser Auslegung beginnt der Zyklus jedoch dann mit der Schaltpause. Um dies zu verhindern kommt ein weiterer Timer-Baustein zum Einsatz. Diesmal wird der NE 555 aber als monostabile Kippstufe (Monoflop) beschaltet. Diese gibt beim Eintreffen eines Impulses am Startreingang eine Flanke von definierter Länge ab, welche auch ausläuft, wenn der Eingang geschlossen bleibt Bild 5.

Monoflop
Bild 5 Monostabile Kippstufe (Monoflop)

Im Bild ist die grundsätzliche Beschaltung eines Monoflops zu sehen. Zunächst ist der Elko C entladen, das IC im Ruhezustand. Discharge (7) ist intern mit GND (Masse) verbunden. Wird nun eine negative Flanke an den Steuereingang (2) gegeben (über den 100 nF–Kondensator gepuffert), wird das interne Flipflop gesetzt und Discharge von GND getrennt. Jetzt kann sich der Elko über R1 aufladen. Sobald 2/3 der Versorgungsspannung erreicht sind, kippt die Schaltung in den Ursprungzustand zurück, der Ausgang wird wieder abgeschaltet. Der Elko entlädt sich über (7) und GND.

Die Dauer des Impulses bestimmt die Kombination aus R1 und dem Elko C nach folgender Formel:

Impulsdauer [sec] = 1,1 x R [Ω] x C [F]

Mit R = 3,9 kΩ und C = 220 µF ergibt sich eine Dauer von etwa 1 Sekunde. Diese reicht für die Ansteuerung des Wischers beim Einschalten des Intervall-Modus, anschließend übernimmt der Taktgeber den weiteren Verlauf.

Die komplette ausgeführte Schaltung ist im Bild 6 dargestellt:

Intervallschaltung
Bild 6 Scheibenwischersteuerung mit einstellbarem Intervall

Mit C = 100 µF kann nun die Einschaltzeit über R2 = 15 kΩ kauf einen konstanten Wert von etwa 1 Sekunde eingestellt werden, die Ausschaltzeit kann über einen Festwiderstand von 22 kΩ und ein Poti (R1 = 220 KΩ) von ca. 2 bis 18 Sekunden variiert werden.

Die Ansteuerung des Wischers erfolgt über 3 Kleinleistungsrelais, ein Relais für das Waschwasser, ein Relais mit 2 Einschaltkontakten für Stufe 1 (die 2. Wicklung muss mit geschaltet werden) und ein Relais für Stufe 2.

Für die Aufnahme der Elektronik mit den Relais wurde eine gedruckte Platine hergestellt, natürlich ist auch der Aufbau auf einer Lochrasterplatine möglich. Die Platine passt in ein Kunstoff-Universalgehäuse von 120 x 60 x 30 mm.

Mechanische Ausführung

Zur Befestigung des Schalters am Lenkstock wurde eine kleine Blechplatte hergestellt. Diese Platte diente zur Aufnahme des Schaltergehäuses über die oben erwähnten 3 mm Schrauben und gleichzeitig zur Montage der Einheit an den vorhandenen Blinker Schalter (siehe Bild 7).

Befestigung der Einheit am vorhandenen Blinker Schalter
Bild 7 Befestigung der Einheit am vorhandenen Blinker Schalter

Um Platz für den neuen Schalter in der Verkleidung des Lenkrades zu schaffen musste der Aluminium-Trägerkörper entsprechend ausgearbeitet werden. Die dabei abgetrennte vordere Befestigung für die Lenksäulenverkleidung wurde anschließend mit einem Alu-Winkel wieder auf der Blechplatte befestigt und somit die Stabilität wiederhergestellt.

Der Wischerhebel des BMW-Schalters passte natürlich nicht zur Geometrie und Optik des Alfas und wurde daher durch einen Original Blinkerhebel von einem entsprechenden Alfa-Modell ersetzt. Hierzu konnte der Hebel aus dem Schalter demontiert werden (2,5 mm Welle ausdrücken). Das Schaltstück wurde abgetrennt und der Alfa-Hebel angeschweißt. Wie Bild 7 zeigt war anschließend von der Transplantation nichts mehr zu sehen.

Die Zusammenstellung aller Baugruppen geht aus nachfolgendem Bild 8 hervor. Wie schon bei der ersten Version für die Wischwasserpumpe wurde das Gehäuse für die Elektronik als Zwischenstecker ausgeführt, statt der früher angeschlossenen Fußpumpe erfolgt jetzt aber die Verbindung zum neuen Lenkstockschalter.

Zusammenstellung der Baugruppen
Bild 8 Zusammenstellung der Baugruppen

Das Bild zeigt das Plastikgehäuse zur Aufnahme der Elektronik mit Steckkontakt zum Kabel des Wischermotors und Flachbandkabel mit 9-poliger Sub-D Steckverbindung zum Lenkstockschalter. Hier sitzt der Wischerschalter mit kleiner Platine für die Steckverbindung zum Flachbandkabel und angeflanschtem Poti für die Intervalleinstellung sowie Masseverbindung.

Der fertige Wischer Intervallschalter

Bei der Realisierung des Projektes gestalteten sich die Arbeiten für den mechanischen Umbau des Schalters sowie die Bearbeitung der Lenksäulenhalterung als wesentlicher Arbeitsaufwand. Die Herstellung und Bestückung der Platinen sowie die elektrische Verdrahtung sind Standardmaßnahmen und fallen vom Zeitaufwand weniger ins Gewicht. Die Materialkosten sind mit maximal 30 € eher als gering anzusehen.

Der fertige Einbau der Wischer-Intervallschaltung in die Berlina 1750 wird in Bild 9 gezeigt. Optisch wie auch ergonomisch hat sich der Umbau als erfolgreich erwiesen. Eine zweite Ausführung der Wischer-Intervallsteuerung ist parallel entstanden und wird bei nächster Gelegenheit in meinen Duetto Spider eingebaut.

Einbau des Wischer-Intervallschalters in die Berlina 1750
Bild 9 Einbau des Wischer-Intervallschalters in die Berlina 1750