Der Kartsport

Der Anfang 1996

Offensichtlich hat mein Sohn meine Begeisterung für den Motorsport geerbt. Schon in jungen Jahren zog es ihn zu einer nahe gelegenen Leihkart-Bahn, zuerst leider nur als Zuschauer da das Mindestalter für die Fahrer 10 Jahre betrug. Als er dann an seinem 10. Geburtstag die ersten Runden drehen durfte war das Feuer entfacht und es blieb nicht der letzte Besuch auf der Bahn. Bald darauf meinte er, dass ich ihm doch ein eigenes Kart bauen könnte. Die Idee war faszinierend, die alte Gartenliege sollte sowieso entsorgt werden und schnell war eine Flex zu Hand und die Liege zerlegt. Da waren wir natürlich etwas übereifrig, denn das Material war nicht geeignet und ohne Plan war das Projekt natürlich zum Scheitern verurteilt.

Also erst mal ein Konzept entwickeln und die Grundsatzfragen klären:

  • Welcher Moter ist geeignet und kostengünstig zu beschaffen
  • Wie sind Antrieb und Bremsanlage zu realisieren
  • Lenkung, Räder und ein Sitz gehören auch noch dazu

Von einem benachbarten Motorradhändler konnten wir kostenfrei ein schrottreifes Moped erhalten. Der dort verbaute Sachs 2-Gang Motor war noch in Takt und somit die Motorfrage geklärt. Auspuff und Kupplungshandgriff konnten ebenfalls übernommen werden. Der Antrieb erfolgte wie üblich über eine Kette auf das Ritzel der Hinterachse. Eine komplette Hydraulikbremse konnte unser Neffe beisteuern, diese stammte noch aus seiner aktiven Zeit, als er zusammen mit Michael Schumacher in der deutschen Kart-Meisterschaft unterwegs war. Die Lenkung und der Sitz wurden selbst gefertigt, die Vollgummi-Räder stammten von einer Sackkarre.

Nachdem diese Komponenten festgelegt waren, konnte der Rahmen entsprechend konstruiert werden. Dieser wurde dann zunächst gezeichnet und anschließend aus Vierkant-Profilen zusammengeschweißt (Bild 1 ).

1996 Kart1 Rahmen
Bild 1 Rahmenkonstruktion aus Vierkant-Profilen

Der Rahmen wurde grün lackiert und mit dem erwähnten Motor sowie der Bremse bestückt. Bei den restlichen Anbauteilen musste manche unkonventionelle Lösung gefunden werden. So wurde der Tank aus einer alten Keksdose zusammengelötet, die Pedalerie selbst gefertigt und als Bodenblech musste ein altes Backblech herhalten (Bild 2 ).

1996 Kart1 Aufbau
Bild 2 Zusammenbau des Karts

Kaum zu glauben, aber nach dem Zusammenbau aller Teil präsentierte sich das Kinder-Kart wie auf (Bild 3 ) zu sehen als durchaus funktionstüchtiges Fahrzeug, knatterte munter vor sich hin und brauchte noch nicht einmal angeschoben zu werden, da die Original-Tretkurbel für den Startvorgang eingesetzt wurde.

1996 Kart1 Fertig
Bild 3 Erstes Kart 1996

Nach einigen erfolgreichen Fahrversuchen auf unserer Straße (wenig befahrene Sackgasse!) wurde uns schnell ein weiters Problem bewusst, die Straße konnte nur eine Ausnahme sein, wo sollte man also in Zukunft nun mit dem Ding fahren? Nachforschungen ergaben, dass im Nachbarort der Erler Motor Club mit einer eigenen Kartbahn existierte. Bei einer ersten Kontaktaufnahme erfuhren wir, dass der Verein schon in den 70-er Jahren gegründet wurde und seit dieser Zeit mit selbst gebauten Karts regelmäßig Rennen veranstaltetet. Die Fahrzeuge waren auf Basis der damaligen Glas-Goggomobile auf einem Gitterrahmen aufgebaut und kommen auch heute noch zum Einsatz. Wir durften dann an den Renntagen die Zeit zwischen den Läufen Nutzen und unser Sohn konnte mit seinem Kinder-Kart auf der Bahn in der Erler Heide den Pausenclown geben (Bild 4 ).

1996 Kart1 Bahn
Bild 4 Erstes Kart auf der Erler Bahn 1996

Der nächste Schritt

Der Erler-Motor-Club befand sich in diesen Tagen in einer Umbruch-Phase, man hatte von einer insolventen Leihkart-Bahn den kompletten Fahrzeugbestand aufgekauft und wollte damit eine neue Klasse für die Jugend etablieren. Die Fahrzeuge mit Honda 4-Takt Motoren waren meist in einem schlechten Zustand (Bild 5 ), mussten also aufbereitet werden und auch von Gas- auf Benzinbetrieb umgerüstet werden.

1997 Kart2 Anlieferzustand
Bild 5 Zweites Kart im Anlieferzustand 1997

Letztlich waren es aber schon richtige Karts, also kein Vergleich mit unserem Kinderspielzeug. Wir sind dann sofort mit in das Projekt eingestiegen, haben eines der Karts erworben und für den Renneinsatz auf der Bahn komplett neu aufgebaut. Bild 6 zeigt den überarbeiteten Rahmen.

1997 Kart 2 Rahmen
Bild 6 Rahmen nach Restauration

Neben dem Rahmen wurden natürlich alle Teile überarbeitet oder neu angeschafft. Motor und Bremsen wurden überholt, Front- und Seitenspoiler in Gelb erneuert sowie der Sitz gepolstert und mit einem von meiner Frau selbst genähten Bezug aus Kunstleder ausgestattet. Nach all diesen Restaurierungs-Maßnahmen war die Ausgangsbasis nicht mehr wiederzuerkennen und das Kart erstrahlte in neuem Glanz. Bild 7 macht den Unterschied zur Basis nach dem Wiederaufbau deutlich.

1997 Kart 2 fertig
Bild 7 Kart kurz vor der Fertigstellung

Mit diesem Kart Bild 8 haben wir dann über ein Jahr lang die Rennen in unserem Verein bestritten und viel Erfahrung gesammelt. Bald zeigten sich dann aber auch die Leistungsgrenzen dieser Fahrzeuge, der serienmäßige 160 ccm Motor mit 5,5 PS hatte kein leichtes Spiel mit dem schweren und robusten Rahmen von der Leihkart-Bahn. Ein allgemeines Aufrüsten begann zunächst mit leichtem Motortuning, die Möglichkeiten am Fahrzeug selbst ließen aber kaum Raum für wirkungsvolle Verbesserungen. Die Erkenntnis reifte, dass um wettbewerbsfähig zu werden größere Investitionen in ein neueres Kart getätigt werden mussten.

1997 Kart 2 Bahn
Bild 8 Kart im Renneinsatz auf der Bahn

Der Kart-Virus hatte die gesamte Familie erfasst, so hat uns auch meine Frau bei unserem Hobby immer begleitet und unterstützt. Während unser Sohn mit mir am Kart geschraubt hat sorgtet meine Frau parallel zur Technik für das nötige Outfit. Im Laufe der Zeit mussten mehrere Rennanzüge herhalten. Diese hat meine Frau perfekt geschneidert und immer mit dem Wachstum unseres Sohnes (Bild 9 ) Schritt gehalten. Die Rennanzüge aus dieser Zeit haben wir natürlich aufbewahrt, sie geben Zeugnis von der frühen Zeit unseres Kartsports.

Rennanzüge
Bild 9 Rennanzüge mehrerer Jahre

Der Ablauf unserer Rennen mit der erforderlichen Zeiterfassung war natürlich ohne die entsprechende Technik nicht möglich. So haben wir schon früh angefangen unsere Fahrzeuge mit Transpondern für die Zeitnahme auszustatten. Anfangs haben wir verschiedene AMB-Systeme eingesetzt. Da sich hier aber die Hard- und Software nach wenigen Jahren änderte und somit regelmäßig eine neue Anlage angeschafft werden musste, sind wir von dieser kostspieligen Variante abgewichen und basieren heute unsere Zeitmessanlage auf Speed Transpondern. http://www.speedtransponder.de

Den Empfänger habe ich zusammen mit einer Steuerung für die Funkampel incl. Zeit- und Rundenanzeige (über arduino uno) in eine kleine Box eingebaut. Zusammen mit einem Tablet PC, welcher auch die Stromversorgung der Messanlage übernimmt, ergibt sich somit eine kleine transportable Einheit. Die Software des Transponderherstellers war leider nicht auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten, daher habe ich eine eigene Software speziell für unseren Verein entwickelt (Bild 10 ).

Zeitnahme
Bild 10 EMC Zeitnahmesoftware

Das Siegerkart

Mit dem Erwerb eines gebrauchten Dino-Karts (Bild 11 ) in fast neuwertigem Zustand war 1998 der Weg offen, im vorderen Feld um den Sieg mitzufahren. Der leichte und flexible Rahmen passte hervorragend zu unserer kurvenreichen, mit einer Steilkurve ausgestatteten Bahn. Hiermit wurde dann der Grundstein gelegt für die späteren erfolgreichen Jahre im Kartverein des Erler Motor Clubs. Diese Zeit war geprägt vom „Schumi-Fieber“ und die Begeisterung für den Kartsport war groß und entsprechend der Wettbewerb in unserem Verein. Eine allgemeine Aufrüstung setzte ein und auch wir überlegte wie die Leistung der 160 ccm Honda-Motoren gesteigert werden konnte.

1998 Kart3 Kauf
Bild 11 Dino-Kart 1998

Im Jahr 2000 war es dann soweit, das Kart mit dem bewährten Dino-Rahmen wurde komplett überarbeitet. Die Motorleistung wurde durch den Einsatz von Schütte-Technik sowie weitere Tuningmaßnahmen (Bild 12 ) in mehreren Schritten gesteigert. Letztlich konnte die Serienleistung des Triebwerkes mehr als verdoppelt werden.

2000 Kart3 Tuning
Bild 12 Dino-Kart nach Tuning 2000

Diese Maßnahmen haben sich bewährt und garantieren noch heute erfolgreiche erste Plätze bei unserer Vereinsmeisterschaft. Inzwischen ist unser Sohn den Kinderschuhen längst entwachsen und ist als einer der wenigen Fahrer dem Kartsport in unserem Verein immer noch treu geblieben (Bild 13 ).

2010 Kart heute
Bild 13 Dino Kart heute

Der Erler Motor Club

Leider hat das Interesse am Kartsport in letzter Zeit deutlich nachgelassen und wir haben erhebliche Nachwuchssorgen in unserem Verein. Die wenigen verbliebenen Fahrer der Kart-Klasse haben in den letzten Jahren durch den Einsatz von getunten 270 ccm Honda-Motoren die Leistung ihrem Alter und ihrer Erfahrung angepasst und liefern sich heute noch spannende Rennen in der Erler Heide.

Viele Informationen über unseren inzwischen 47 Jahre alten Verein, den Erler Motor Club, findet ihr auf unserer Homepage: http://www.erler-motor-club.de

Hier ist die Geschichte unseres Vereins sowie das aktuelle Geschehen nachzulesen. Zurzeit boomt die Goggo-Klasse, in der immer noch die alten, auf Goggomobil-Technik basierenden Fahrzeuge zum Einsatz kommen, teilweise jedoch durch den Einsatz neuer Technologien erheblich aufgewertet.

Das folgende Video gibt einen kleinen Eindruck von unseren Rennen beim Erler Motor Club: